Schadenersatzklage wegen Beratungsfehlern forderte ein Kunde in Deutschland im Zusammenhang mit Swap-Geschäften. Das Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs könnte wegweisend sein für den Streit zwischen Bawag P.S.K. und der Stadt Linz.
Der Kläger, ein Geschäftsmann, schloss mit der beklagten Bank im Jahr 2008 einen Cross-Currency Swap ab. Dabei gab der Kunde das von ihm gewünschte Währungspaar von Schweizer Franken („CHF“) und Türkische Lira („TRY“) vor. Durch einen Kursverfall der TRY im Vergleich zum CHF wurde der Kunde zahlungspflichtig. Als der Kunde seinen Zahlungspflichten in der Folge nicht mehr nachkommen konnte, hat die Bank den Swap glattgestellt. Der Kunde behauptete ua, die Bank habe ihn bei Abschluss nicht über das Vorliegen eines negativen Marktwerts aufgeklärt, und begehrte von der Bank Schadenersatz wegen Beratungsfehlern.
In letzter Instanz abgewiesen
Die 1. und 2. Instanz wiesen die Klage ab. Der BGH wies die Revision des Kunden im Wesentlichen mit folgender Begründung ab:
Die Initiative für das Produkt ging vom Kunden aus. Dieser gab auch das Währungspaar und den Einstiegskurs vor. Bei dem Swap handelt es sich um ein Produkt mit einer überschaubaren Struktur, auch wenn es ein theoretisch unbegrenztes Verlustrisiko aufweist. Der Kunde konnte die für den Erfolg und Misserfolg des Produkts maßgeblichen Umstände nachvollziehen.
Anlagerisiko trägt der Kunde
Die Anlagestrategie des Kunden war, kurzfristige Kursschwankungen durch die längere Laufzeit des Produkts auszugleichen. Die Bank war daher auch nicht dazu verpflichtet, den Kunden über die Methode zur Ermittlung des tagesaktuellen Marktwerts aufzuklären. Das Risiko, dass sich die Anlageentscheidung als falsch erweist, trägt der Anleger.
Kläger konnte Risiko täglich selbst errechnen
Sofern der Kunde von sich aus mit konkreten Vorstellungen von dem gewünschten Anlegergeschäft an die Bank herantritt, darf die Bank davon ausgehen, dass dieser nur insoweit Beratung bedarf, als er dies ausdrücklich verlangt. Der Swap wies durch die Vereinbarung fester Zinsen kein Zinsrisiko, sondern lediglich ein Währungsrisiko auf, welches dem Kläger bekannt war und dessen Auswirkungen auf die Zahlungspflichten er sich täglich selbst errechnen konnte.
Darüber hinaus bestand auch keine Verpflichtung der Bank, den Kläger über das Erfordernis eines effektiven Risikomanagements aufzuklären.
Negativer Marktwert irrelevant für Anlageentscheidung
Es gab auch keine Pflicht der Bank, den Kläger über den negativen Marktwert aufzuklären. Obwohl die Bank nicht unmittelbare Vertragspartnerin aus dem CCS Vertrag war, befand der BGH, dass ein negativer Marktwert kein für die Anlageentscheidung wesentlicher Umstand war, über den die Bank den Kunden informieren müsste. Die Aufklärungs- und Informationspflichten aus dem Beratungsverhältnis erschöpfen sich in der Bewertung und Empfehlung des Produkts aus Ex-ante Sicht.
Darüber hinaus stellte der BGH klar, dass der negative Marktwert nicht den voraussichtlichen Erfolg und Misserfolg des Produktes widerspiegelt, sondern lediglich den Marktwert, welcher bei Glattstellung realisierbar wäre. Der Erfolg des Swaps hing allein von der Zins- und Währungsentwicklung ab. Generell war im Hinblick auf das Chance-Risiko-Profil des Swaps keine – aufklärungspflichtige – Unausgewogenheit erkennbar.
Klare Parallelen zu Streitfall Bawag P.S.K. vs. Stadt Linz
Dieses Urteil ist aus den folgenden Gründen mit dem Fall des Swap 4175 vergleichbar:
• Auch hier ging die Initiative für den Swap 4175 von der Stadt Linz aus;
• Auch die Stadt Linz gab die wesentlichen Parameter des Geschäfts vor, nämlich die Währung, den Strike, die Laufzeit und die Nominale;
• Auch der Swap 4175 wies ein Währungsrisiko auf, welches der Stadt Linz voll bewusst war. Dieses hatte Mag. Penn mittels einer Excel Tabelle, welche dem Gericht vorliegt, bis zur Währungsparität durchgerechnet;
• Auch für die Stadt Linz war der Marktwert des Produkts unbedeutend, da die Stadt Linz nicht bilanziert und nur eine Ein- und Ausgabenrechnung führt;
• Auch die Stadt Linz verfolgte die Strategie, dass während der langen Laufzeit (kürzere) Verlustperioden durch (längere) Gewinnperioden ausgeglichen werden würden.
Zudem lag beim Swap 4175 – anders als im Fall der BGH-Entscheidung – keine Beratung durch die Bank vor, da diese vertraglich ausgeschlossen war. Auch deshalb bestand kein Interessenkonflikt.
Bawag P.S.K. fühlt sich durch Urteil gestärkt
Das Urteil zeigt, dass die Aufklärungspflichten der Bank anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden müssen. Berücksichtigt werden muss, dass die Initiative vom Kunden ausging und der Kunde bereits Erfahrungen mit Derivaten hatte und die Risiken des Geschäfts kannte und verstand. Das Urteil zeigt außerdem nicht nur, dass keine Aufklärungspflicht über den negativen Marktwert bestand, sondern dass dieser – entgegen den Behauptungen der Stadt Linz – auch nichts über die Verlustwahrscheinlichkeit des Produktes aussagt. Aufgrund der vielen Parallelen stärkt das BGH Urteil die Rechtsposition der BAWAG P.S.K. und beweist, dass BAWAG P.S.K. hinsichtlich der Kenntnisse der Stadt Linz umsichtig handelte und ihre Aufklärungspflichten entsprechend erfüllte.
Deutscher Bundesgerichtshof: BGH-Urteil vom 20.01.2015: XI ZR. 316